Der Wolf im Schafspelz

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Es ist etwas ruhiger geworden um das geplante Asylanten-Wohnheim in Steinegg. Zeit um sich die Vorschläge des mittlerweile gegründeten Vereins BVFIV genauer anzuschauen. Die Pressemitteilung des Vereins vom 06.01.2014 im Wortlaut:

Pressemitteilung Asyl 2

 

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Auf den ersten Blick sieht das wunderbar aus. Der Verein positioniert sich engagiert als „Bürgerverein und Verein zur Förderung Interkultureller Verständigung”. Das klingt gut!

Jedoch schon im ersten Absatz der Pressemitteilung keimen erste Zweifel an den wahren Absichten des Vereins. Es heißt dort, nach einer kurzen Beschreibung der Situation, „wir lehnen dies ab”. Das klingt jetzt irgendwie nicht nach interkultureller Verständigung. Aber es geht weiter. Von „Konfliktpotentialen und unkalkulierbaren Risiken” ist auf einmal die Rede.

Einer der Haupt-Argumentationspunkte, der immer wieder verwendet wird, ist die Feststellung, dass es sich beim geplanten Asylanten-Wohnheim um eine Sammelunterkunft handeln soll, deshalb eine „Integration … so nicht möglich” sei. Korrekt! Dies ist in der Tat so! Allerdings, wer behauptet denn, dass in diesem Fall die selben Maßstäbe anzulegen sind wie bei einem normalen Asylanten-Wohnheim? Und wer behauptet, dass deshalb das Projekt scheitern muss? Es geht darum, die simplen Fakten anzuerkennen. Es handelt sich beim geplanten Projekt um ein Durchgangs-Wohnheim. Die Integrationsarbeit wird deshalb zwangsläufig anders aussehen. Wie genau anders, ob diese Arbeit gelingen kann oder nicht erscheint mir fast zweitrangig hinter dem Problem, dass die Aufgabenstellung gar nicht klar ist. Die Argumentation klingt für mich wie „oh, wir dachten wir müssen Karotten einlagern und haben deshalb Behälter mit Sand vorbereitet – und jetzt bekommen wir Äpfel. Nein Äpfel können wir deshalb nicht lagern.” Die richtige Strategie liegt auf der Hand.

Die Pressemitteilung geht ferner detailliert auf die Situation der Asylbewerber in einem Durchgangs-Wohnheim ein. Alle aufgeführten Punkte sind nachvollziehbar. Wenngleich unklar bleibt, in welchem Ausmaß diese Probleme auftreten könnten. Und unklar bleibt auch was genau der Verein bzw. die Bürger der Ortschaft Steinegg damit zu tun haben. Die Frage, die sich mir stellt ist eine andere:

Was passiert mit den Asylanten, wenn wir den Wohnraum in Steinegg nicht zur Verfügung stellen? Führt dies nicht folgerichtig zu einem Rückstau in der Landesaufnahmestelle in Karlsruhe bzw. anderen Unterbringungsmöglichkeiten im Enzkreis? Und führt dies nicht die Argumentation ad absurdum? Wer wirklich helfen will – so wie der Verein dies in seinem Namen verankert – der sollte sich dem real existierenden Mangel an Wohnraum nicht entgegen stellen.

So wird aus dem Ja für eine „dezentralisierte Unterbringung kleinerer Gruppen in angemessenen Wohnverhältnissen” ein klares Nein für „Asylsuchende aus unterschiedlichen Kulturen, … junge[n] Männern zwischen 18 und 35 Jahren … in einer akuten Stresssituation. … traumatisiert [und mit] ungewisse [r] Zukunft”. Unter diesem Aspekt klingt „Förderung Interkultureller Verständigung” im Vereinsnamen wie Hohn.

Und noch etwas liegt mir am Herzen. Die vom Verein vorgeschlagene Nutzung als ein „Haus der Kulturen”. Grundsätzlich begrüße ich die Ideen, habe  auch selbst angeboten mich dort mit zu engagieren. Viele der Ideen begeistern mich, sie zeigen großen Mut gemeinsam mit den Asylsuchenden (Frei)-zeit sinnvoll zu gestalten.

Ich sehe jedoch Fragezeichen beim gemeinsamen Beten. Zu fragen wäre, welcher Teil der Asylsuchenden a) religiös ist und mit dem Beten etwas anfangen kann, und b) dies gemeinsam mit Gläubigen einer christlichen Religion tun möchte. Die verbleibende Schnittmenge käme für eine solche Aktion in Frage. Für die nach meiner Erwartung Mehrheit der Asylsuchenden sollten andere, nicht religiös geprägte Formen der gemeinsamen Stille und Möglichkeit des Ausdrucks gefunden werden.

Und ich sehe ein sehr großes Fragezeichen bei der Idee, die Proben des Musikvereins in diesem Haus durchzuführen. Ich stelle mir gerade vor, der Musikverein wäre für Proben bei mir im Haus. Das klingt für mich, bei aller Begeisterung für Musik, wie ein Horrorszenario. Jede Woche das Haus voller Menschen. Jede Woche, gerade um die Zeit, zu der vielleicht Kinder ins Bett zu bringen sind, oder während des islamischen Abendgebets donnert für ca. zwei Stunden deutsche Blasmusik durchs Haus. Bitte sag jemand, dass diese Idee nicht wirklich Ernst gemeint war.

Was bleibt unter dem Strich?

Gute bis sehr gute Ideen zur Integration.
Aber auch ein „Rosinenpicken”, das die tatsächlichen Probleme, die der Enzkreis mit dem Projekt in Steinegg lösen möchte, offen ablehnt.

Der Wolf im Schafspelz…